Superfood im Koran

1 – Datteln

(PhoenixDactylifera)Der Name dieser Baumsorte erinnert an den Phoenix, den mythischen Vogel der Antike, vielleicht auch, weil der Samen dieses Baumes für Jahrzehnte im Boden überleben kann, bis erkeimt, wenn die ökologischen Umstände entsprechend sind. Im Durchschnitt erreicht die Dattelpalme eine Höhe von zwanzig bis dreißig Metern. Eine Jahresernte von fünfzig bis hundert Kilogramm wird als gutes Ergebnis betrachtet. Ausgewachsene Pflanzen erreichen ihre volle Fähigkeit Früchte zu tragen nach zehn bis fünfzehn Jahren und können bis zu 200 Jahre lang Datteln produzieren.

Seit dem Gilgamesch-Epos haben wir Zeugnis darüber, dass dieser außerordentliche Baum gezielt vom Menschen angepflanzt wurde. Ihre weit verbreitete Kultivierung in der ganzen Arabischen Welt, wo sie mehr ist als nur eine Trockenfrucht, ist also keine Überraschung. Als Pressfutter findet sie immernoch Verwendung in der Sahara, um Pferde und Kamele zu ernähren. Die Dattelsteine können vermahlen werden und ergeben, verbacken mit anderem Getreide, ein nussig schmeckendes Brot. Vorrausschauende Beduinen weichen die Dattelsteine mit Wasser auf und verfüttern sie an ihre Herden, wenn Grünfutter nicht zu finden ist. 

Den Nomaden sichern die Datteln das Überleben, denn diese hochwertige Frucht bleibt im getrockneten Zustand sehr lange genießbar. Durch ihren hohen Zuckergehalt (biszu 80 Prozent) bleibt sie frei von Befall durch Keime und Pilze. Neben der  wirtschaftlichen Bedeutung der Palme für die Fruchtproduktion, dient das Holz des Baumes verschiedenen Zwecken.

 

2 – Olive

(Oleaeuropaea) Es gibt mehrere Hinweise auf Oliven, Oliven öl und Olivenbäume im Koran. Ein Hinweis ist ein Schwur, der direkt von Allah (s.w.t.) kommt und den Wert der Olive hervor hebt: „Bei der Feige und bei  derOlive und beim Berge Sinai und bei dieser sicheren Ortschaft! Wahrlich, Wir haben den Menschen in schönster Gestalt erschaffen“ (Koran; Sure 95 At-tin; 1-3). 

Zusätzlich wird unter anderem in weiteren Suren und Versen im Koran folgendes erwähnt: „Und (WIR ließen damit entstehen) einen Baum, der am Tur-Berg von Sainaa (SinaiinÄgypten) heraus sprießt, er bringt das Öl und Soße für die Essenden hervor.“ [KoranSure 23 AlMuminum: 20]. „Ein gesegneter Baum, eine Olive, weder im Osten noch im Westen, dessen Öl fast leuchtend ist.“  [Sure 24 An-Nour: 35]. Durch das spezielle erwähnen in diversen Koranversen bestätigt Allah (s.w.t.), dass die Olive eine gesegnete Frucht ist.

 

3 –  Granatapfel

(punicagranatum) Der Granatapfel (Ar-Rumman im Arabischen) wird an drei Stellen im Qur’an erwähnt. Im folgenden Vers „In beiden gibt es Früchte und Dattelpalmen und Granatäpfel“ (Ar-Rahman, 68) spricht Allah über Früchte, die die Menschen im Paradies finden werden. Einer der interessantesten Aspekte dieser Pflanze, die sich auf dem halben Erdball finden lässt, ist ihre Struktur unterhalb der Schale. Ist die glänzende, ledrige Haut, einmal entfernt, offenbart eine Vielzahl an zellenförmigen saftigen Körnern, die einen frischen, angenehm süß-sauren Geschmack besitzen. Der Granatapfel findet in den ältesten Kulturen Erwähnung. Traditionell servierten die Chinesen diese Frucht anlässlich einer Hochzeit, da sie mit Überfluss, Reichtum und großem Nachwuchs verbunden wurde. Die alten Ägypter begruben ihre Toten zusammen mit Granatäpfeln, während in der griechischen Mythologie Demeter, die Göttin der Fruchtbarkeit, der Sagenach ihre Tochter Persephoneanden Unterweltgott Hades verloren hat. Dieser hatte die schöne Persephone entführt und als er überzeugt werden konnte, sie auszuhändigen, gab er ihr einen Granatapfelsamen als Verbindung zu seinem Reich mit. Aus diesem Grund musste sie in der griechischen Mythologie bei ihm für ein ganzes Jahr verbleiben. Ursprünglich stammt der Granatapfel aus Persien, wurde aber auch in den Himalayaregionen und dem nördlichen Indien bekannt, wo er vielfältige Anwendung findet.

 

 

4 –Feige

(ficuscarica) Nicht nur Nasreddin Hodscha machte sich Gedanken über Feigen. Feigen sind im Mittelmeerraum sehr weit verbreitet und sie werden gerne gegessen. Auf Arabisch heißen Feige tin und es gibt sogar eine Sure mit diesem Namen im Koran: Die 95. Sure hat die Überschrift at-tin. Auf einem ganz anderen Blatt steht die Geschichte mit dem Feigenblatt, dessen sich Adam und Eva in der biblischen Schöpfungsgeschichte bedienten, um ihre Blößen zu bedecken, nachdem sie den Apfel vom Baum der Erkenntnis gegessen haben.

 

- Von Zeynep Gencer

Zauberlehrling

Bio, fair, regional, saisonal. Im besten Fall alle beisamm. Obst, Gemüse, guter Käse. Glas statt Plastik. „Zero Waste“ so weit es geht, Verzicht auf Müll. Frühstück, Mittagessen, Kaffee und Kuchen. Keineswegs vom großen Genuss abdanken. Ökologisches Fleischerfleisch mit Sommerweidegebot. Halal mit Zertifikat. Alles im Stoffbeutel, natürlich. So war das schon immer. Essen gehen oder selber kochen? Authentisch, bodenständig, lecker. Hofladen oder Bioladen? Tot der Backstube oder Sehnsucht nach Handwerk. Alte Denkmuster mit neu blockierender Wirkung.

 

Jederman kennt die Geschichte vom Zauberlehrling, der in Abwesenheit seines Meisters einen Besen verzaubert, um diesen zu knechten. Der Besen läuft los und tut, wie ihm befohlen. Eimer für Eimer holt er immer mehr Wasser herbei, bis das Haus unter Wasser zu stehen droht. Ordnung schlägt in Chaos über und die Selbstüberschätzung des Lehrlings endet in Besinnung auf die alte Autorität! Der Meister rückt die Situation ruhig und besonnen recht. Botschaft dieser Ballade ist eigentlich offensichtlich: überschätze dich niemals selbst und habe Respekt gegenüber deinem Meister. Eine andere Betrachtungsweise wäre die Warnung vor der Wissenschaftsverliebtheit und der Forschung und die nicht immer abschätzbaren Folgen dieser Erkenntnisse, wenn man denn dann den Meister nicht als Mensch sondern Personifikation Gottes betrachtet..

 

Gesundheit als Wort vom althochdeutschen „gisunt“, wird als ‚wohlbehalten‘, ‚lebendig‘ und ‚heil‘ definiert. Auf den einzelnen Menschen bezogen, gilt es als Zustand des körperlich und/oder geistig subjektiven Wohlbefindens. Was nun ist aber Gesundheit genauer betrachtet? Gibt es kulturelle oder historische Erscheinungsformen, die Alltagsverständnis decken? Sollte sie nicht universal und befreit von jeglich äußerem Einfluss und Muster sein?

 

EßtvondengutenDingen, mitdenenWireuchversorgthaben..“ (20:81)

Es ist wahr, dass Ernährung großen Ausmaß auf Gesundheit, Wohlbefinden, Lebensdauer und Lebensqualität hat.  Jeder Mensch is(s)t aber auch irgendwie anders gesund. Daher ist es nicht von Nutzen über Ernährungsformen zu streiten oder rigide Regeln über verbotene Lebensmittel aufzulisten. Das richtige Verhältniss und eine ausgewogene, auf den einzelnen Menschen abgestimmte Ernährungsform sollte ausreichen um eigenes Leibeswohl anzustreben. Entscheidend wäre hier viel mehr die Menge an Lebensmittel, die wir täglich zu uns nehmen und die Kombination plus frischer Zubereitung.

 

Schwer wird es auch, da von „der einen Gesundheit“ nicht die Rede sein kann, denn der Zusammenhang zwischen sozialer Ungleichheit und dementsprechend gesundheitlichen Unterschieden ist nicht wegzudenken. Differenzen wie Armut, mangelnde Bildung oder beruflicher Status sind nachgewiesene Konsequenzen für Gesundheitszustand.

 

Die Gesundheit des Menschen ist durch viele unterschiedliche Quellen gespeist[1]. Sie zieht ihre Kraft aus sozialen, materiellen, kognitiven, emotionalen, kulturellen, persönlichen und spirituellenRessourcen. Der Einfluss von Nahrungsmitteln, Bewegung und Schlaf, beispielsweise, bildet eine Basis für die körperliche, aber auch für die mentale und emotionale Gesundheit. Soziale Beziehungen, persönliche Anlagen, kulturelleZugehörigkeiten und Prägungen sowie die spirituelle Verbindung zur Umwelt und ihre Wertigkeit beeinflussen die Gesundheit dynamisch auf unterschiedlichen Ebenen.

 

Das ist die Huld Allahs. Er gibt sie, wem er will. Allah ist voller Huld. (57:21) (Huld: Wohlwollen, Gnade, Gunst, Zuwendung)

Viele mögen der Meinung sein, dass Gesundheit weder Ernährung noch Lebensart ist, sondern eher ein Gemütszustand, der ohne Vernunftüberlegung zu ergründen sei. Doch genau hier sollten wir uns fragen, welchen Einfluss Kultur und Spiritualität auf unsere Gesundheit hat. Kultur nämlich prägt den Menschen in einem allumfassenden System, genauer noch im Wahrnehmen, Denken, Fühlen und Handeln. Spiritualität als Gegenspieler und „persönliche Bezugnahme auf Gott“ oder „psychologische Selbstbespiegelung“ ist durch die Kultur abermals geprägt. Sie bekommt eine große Bedeutung im Alltag vieler Menschen und ist somit eigentlich eine Art Lebensphilosophie und widerum wichtiger Bestandteil von Kultur. Spiritualität basiert jedoch auf individuellen Einstellungen und ist ein tiefes intuitives, jedoch nicht immer bewusst (!) ausgedrücktes Gefühl.

 

„Ihr, die ihr glaubt! Sucht Hilfe in Standhaftigkeit und Gebet; siehe, Allah ist mit den Standhaften.“ (2:153) Standhafte hier  وسطية ist ein arabischer Begriff, der die Bedeutungen Mitte, zentral, ausgewogen, gemäßigt annimmt.

OvidsMetamorphosen sagen, dass man in der Mitte am sichersten geht. Obgleich manch Gemüter Sicherheit mit Stagnation verbinden mögen, da es nichts auszutarieren gibt, oder kein Gegengewicht mehr zur einen oder anderen Seite herstellen muss, ist es doch eigentlich der Zustand, in dem der Seismograf nie ganz nach oben oder ganz nach unten ausschlägt. Es ist halt die wundervolle goldene Mitte. Mittelmeerdiät, Veganismus, Fruganismus, Paleo, Raw Food oder Clean Eating. Chaos in der Ordnung. Kein Katalysator für diese Maßlosigkeit. Alles aufgezählte sind Ernährungsformen, die wie viele Neuzeitphänomene zeigen, dass der Mensch, nachdem er gut und böse definiert hat, Wertesysteme immer wieder neu erschafft. Leben in all seiner Komplexität kann aber nicht an eine einzige Ernährungsform gebunden sein und sollte so frei, wie der Mensch es in seinen Entscheidungen auf Erden ist, sein. Der Vers im Gedicht „Die ich rief, die Geister, werd’ ich nun nicht los“ beschreibt sehr anschaulich die Dilemmata einer Wissenschaft, und die nicht immer abschätzbaren Folgen.

 

Die Achtsamkeit oder die Standhaftigkeit möchte ich in diesem Kontext zum Ende hin auf den Propheten richten. Er wusste, was er aß und er aß, was gut für ihn war. Er nahm nur so viel zu sich, wie es nötig war, um sich auf Beinen halten zu können, jedoch nicht derart, dass er an Gewicht zunahm oder fettleibig wurde. Er lehrte folgende Haltung zum Essen und Trinken: „Der Mensch füllt kein schlechteres Gefäß als seinen Magen. Es genügen ihm schon wenige Happen, um seinen Rücken aufrecht zu halten. Will er aber unbedingt mehr essen, dann sollte er einen Drittel seines Magens mit Essen, einen Drittel mit Wasser füllen und einen Drittel zum Atmen lassen.“ Wichtig ist zu erwähnen, dass es keine Gewohnheit des Propheten war, sich auf nur eine einfältige Ernährung zu konzentrieren. Je nachdem, was in seiner Region bekannt und verbreitet war, aß er. Von den Früchten, vom Fleisch, vom Brot. Er nahm Getränke zu sich, und mochte süße Getränke, die beispielsweise aus Honig und Datteln gemacht wurden.

 

- Von Zeynep Gencer 

 

1  Wikipedia Artikel: Gesundheit

2  Antonovsky, Aaron: Modell der Solutogenese, 1979

3  Eckersley, Richard: SpiritualityandHealth, 2007

4  Knoblauch, Hubert: Soziologie der Spiritualität, 2005

5  Winkler, Ulrich: KniendeTheologie

6 Goethe, Der Zauberlehrling